SH-Supertrail 2011 (120 KM, 3300 HM)

Do, 02.06. Anreise

Ich reise von meiner Stippvisite in Stuttgart ins Saarland an. Nach entspannten 3 Stunden bin ich in Braunshausen. Im Essenssaal treffe ich Erwin Bittel (seinen Laufbericht findet Ihr hier), der gerade aus seinem langen Läuferleben berichtet. Er wird nur am Freitag die erste Etappe laufen, da er am Sonntag als Marathon-Zugläufer in Einsatz ist. Erholung scheint der Gute nich nötig zu haben.
Neben Erwin teile ich mir die Blockhütte mit Rudolf, Rafael, Kay und Andrea. Alle sind ausgesprochen nett und aufgeschlossen. Vor der kommenden Mammutaufgabe von 120km geht jeder seinen Ritualen nach: Tagebuch schreiben, Füsse abkleben oder Karten studieren. Jeder ist fokussiert und bereit, sich in das kommende Abenteuer zu stürzen.

 

 

Fr, 03.06. der erste Tag (66km, 1900 Höhenmeter)

offizielles Streckenbild vom Veranstalter
offizielles Streckenbild vom Veranstalter

Nach der Einweisung durch Organisator Bernhard Sesterheim reisen wir zum Start zur Wildenburg. Hier schickt uns die Edelsteinkönigin um 8.15h auf die lange Reise. "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer" klingt aus den Lautsprechern, und ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, denn selten hat ein Titel wohl so gut gepasst. Neben der Elite der Ultras mit ihren 100-km-Läufen und noch deutlich extremeren Sachen komme ich mir als Jüngster doch etwas verloren vor.
Die knapp 85 Teilnehmer folgen dem Saar-Hunsrück-Steig, d.h. nicht nur 3300 Höhenmeter auf Naturpfaden mit unzähligen Stolpermöglichkeiten, sondern auch immer auf die Wegführung zu achten.
Anfangs sind die Bedingungen für mich doch sehr ungewohnt. Ein lockeres Laufen ist schwierig, Trailrunning eben. Einmal stürze ich, glücklicherweise auf weichem Erdboden, so dass nichts passiert. Wenn ich doch mal einen Blick vom Boden lösen kann, ist die Aussicht grandios und ich kann nachvollziehen, warum der SH-Steig zweimal zum Wanderweg des Jahres gekürt wurde. Anfangs laufe ich tatsächlich vor Erwin Bittel und Norman Bücher, was natürlich nicht lange anhält. Die beiden berühmten Ultraläufer werden lange vor mir im Ziel sein.

Dieser Weg wird steinig und schwer

Weit vor dem Erbeskopf, höchster Punkt der strecke (km38), muss ich Andrea und Kay ziehen lassen. Sehr locker ziehen sie von dannen. Jetzt muss ich alleine zurecht kommen und darf mich auf keinen Fall verlaufen. Bei Km49 kommt wieder ein Verpflegungpunkt und ich liege auf einem unfassbaren 42.Platz. Was geht denn hier ab? Ich hatte gehofft, in diesem erlauchten Kreis nicht Letzter zu werden. Das scheint möglich zu sein.
Nach ca. 60km verlassen wir den Wald und laufen Richtung Braunshausen. Nach harten 10:24h (etwa Platz 50)  komme ich kurz nach Rudolf ins Ziel. Wir sind beide fix und fertig. Das war sehr hart und morgen soll es ja weitergehen. Noch ein zweiter Ultra bis zum Finale. Die anderen Teilnehmer, insbesondere Hagen, geizen nicht mit guten Tipps wie wir unsere Körper gut regenerieren können. 2 Blasen habe ich mir an den Füssen gelaufen. Andrea und Kay nehmen sich ein Zimmer, denn vor dem morgigen Tag brauchen wir vor allem gesunden Schlaf.

 

 

Sa, 04.06. der zweite Tag (54km, 1400 Höhnmeter)

Die Nacht war kurz und so richtig gut geht es mir nicht. Der rechte Oberschenkel schmerzt schon enorm, aber vielleicht kann ich die Schmerzen ja rauslaufen. Einige haben bereits aufgegeben, denn die Belastung ist schon enorm. Um 7.15h laufen wir los. Anfangs geht es sogar noch ganz gut, doch dann wird es hart und ein ziemlich langer Tag werden. Das Zeitlimit liegt heute bei 12 Stunden.
Beim ersten Versorgungspunkt (km11) hat sich die Meute sortiert und ich habe sieben Gleichgesinnte gefunden (die ich alle hinter mir lassen werden). Wir ziehen uns gegenseitig und mein Motto ist "keine Pausen". Ich laufe und gehe ohne Pause, sonst wird der Tag hier gar kein Ende mehr nehmen.
Ab Km37 sehe ich für 2,5h überhaupt keinen anderen Läufer mehr. Weder vor noch hinter mir. Jetzt geht es nur noch Schritt für Schritt Richtung Trier. 15km vor dem Ziel spricht mich ein Tourist an:"Sie sehen für 100km aber ziemlich frisch aus". Naja, ich bin schon recht erschöpft.

Nur noch das letzte Stück, dann ist es geschafft! - Fantastischer Platz 47 !!!

An der letzten Versorgungsstelle empfängt mich Organisator Bernhard und schwört mich auf die letzten 10km ein, "noch einmal 10km und dann hast Du einen wirklich harten Ultra beendet".
Es folgt noch ein langer Anstieg und tatsächlich taucht vor mir ein rotes Shirt auf. Endlich mal wieder eine andere Teilnehmerin. Ich ziehe vorbei und hoffe, die 10h-Marke noch unterbieten zu können. Trier ist erreicht, als der Himmel sich merklich verfinstert und ein erstes Donnern einsetzt. In 9:58h erreiche ich das Ziel! Es ist vollbracht und ich bin sehr froh die Königsdisziplin Etappenrennen geschafft zu haben.
Keine 10 Minuten später beginnt es zu schütten. Das war knapp. Die beiden Blasen haben sich drastisch vergrössert und unschöne Ausmasse angenommen. Das wird einiges an Pflege brauchen und ganz sicher wieder heilen.
Der Abend wird natürlich genutzt, um sich über das Erlebte auszutauschen, aber auch Trainingstipps und Erfahrungen weiterzugeben. Mein Dank gilt all den anderen Teilnehmern, die mich sehr nett und warm in ihrer Mitte aufgenommen haben! Es war ein schöner Lauf durch tolle Naturlandschaften.