Die Nacht auf Freitag war eher unruhig, denn eine gewisse Anspannung kann ich nicht leugnen. 101 Kilometer will ich am Stück zurücklegen und die ganze Nacht durchlaufen - das wird wieder mal ein
Abenteuer werden.
Wird mein Knie halten? Bin ich mental dazu in der Lage?
Neben der immensen Strecke gilt es auch den Weg nicht aus den Augen zu lassen. Ein Verlaufen kann fatal werden. Glücklicherweise ist die Streckenführung perfekt markiert, so dass ich immer auf dem rechten Weg bleibe.
Um 19h beginnt das extreme Vergnügen. Vorher gebe ich meinen Wechselbeutel für den Rhen-Weser-Turm ab (km 57), in
dem sich neue Kleidung und etwas grössere Schuhe befinden. Im Nachhinein sollte sich dies als goldrichtige Entscheidung herausstellen. Dann gehen 104 Männer und Frauen auf die sehr lange
Runde.
Am Anfang läuft es noch ganz locker und die Einführungsrunde (13km) läuft gut, auch wenn schon ein paar Höhenmeter zu bewältigen sind. Hier ist das Sauerland sehr grün und idyllisch. Immer wieder
kann man weit blicken und die Aussicht geniessen.
Dann kommt die Nacht und die Stirnlampe zum Einsatz. Passenderweise setzt dann auch der Regen ein. Also setze ich an der nächsten Verpflegungsstelle eine Mütze auf und ziehe die Regenjacke
drüber. So wird es schon gehen - nur den Weg nicht aus den Augen verlieren. Apropros Verpflegungsstellen, hier gibt es reichlich Butterbrote, Bananen und ordentlich zu trinken. Immer wieder gut,
wenn so eine Insel in der Natur auftaucht.
Bereits ab Kilometer25 wird es auf der Strecke sehr einsam. In den Hochlagen setzt Nebel ein und die Sichtweite liegt bei etwa zwei Metern. Was für ein Irrsinn! Aber ich habe es ja nicht anders gewollt. Irgendwann im Nirgendwo trete ich auf den matschigen Wegen in eine tiefe Pfütze. Jetzt ist auch noch mein rechter Socken nass, argh! So zieht die Nacht dahin. Im Morgengrauen nähere ich mich endlich dem Wendepunkt Rhein-Weser-Turm (Km 57).
Jetzt nochmal die gleiche Strecke (44km) zurück und dann ist es geschafft. Alles kein Problem, hätte ich nicht eine grosse Blase am rechten Fussballen und mein rechter Oberschenkel möchte auch
nicht mehr weiter.
Glücklicherweise ist es ja der Kopf, der entscheidet und so geht es natürlich weiter. Nun trage ich grössere Schuhe und wieder trockene Socken. Das hilft etwas.
Am Vormittag kommen mir die 67km-Läufer entgegen, die hier ihre Deutsche Meisterschaft austragen. Der Sieger wird wahnwitze 4:51h benötigen, eine überirdische Leistung! Jedem Läufer gebe ich aufmunternde Worte mit auf dem Weg.
Obwohl es mir inzwischen schlecht geht, meint ein Läufer zu mir: "Das sieht aber noch locker aus!" Naja, der Schein trügt.
Die letzten Kilometer sind seeehhhhrrr lang und ziehen sich gewaltig. Zum Glück kommen jetzt häufiger Verpflegungsstellen, an denen ich mich kurz erfrischen kann. Als ich den Kahlen Asten zum
zweiten Mal bezwungen habe, weiss ich, dass ich es schaffen werde. Dem Zeitlimit bin ich für viele Stunden voraus. Als ich gegen Mittag in Bödefeld ankomme, hängt dort ein grosses Banner "IHR
SEID ALLE HELDEN". Recht so, aber ich möchte mich
eigentlich nur noch hinsetzen.
Dann ist es tatsächlich geschafft. ENDLICH! Frank Buka erwartet mich bereits im Ziel (toller Zwölfter über 67km) und die Malteser kümmern sich netterweise um meinen rechten Fussballen bzw. was
davon noch übrig ist. Selbst das Gehen
fällt mir jetzt schon schwer.
Ich war wohl der jüngste Teilnehmer, der sich der extremen Strecke gestellt hat. Von den 104 Startern sind 22 ausgestiegen, ich hatte die 31.beste Zeit und bin rundum zufrieden!!!
Unverhofft kommt oft. Da am Sonntag noch der Duisburg Marathon/Halbmarathon ansteht und ich sowieso gemeldet bin, gehe ich an den Start. Der Schlaf hat die Schmerzen etwas gelindert und die 21km
sind tatsächlich einigermassen machbar, natürlich mit Schmerzen. Aber unter den 3000 Startern lande ich bei warmen Temperaturen im Mittelfeld.
Die anschliessende Massage wirkt Wunder und tut richtig gut.
Fazit des Wochenendes: 122km waren schon sehr lang. Das Knie hat gehalten und ein weiteres Abenteuer ist bestanden!