Mohamad empfängt Hans und mich am Flughafen von Marrakesch. Soweit ist das in einem nordafrikanischen Land noch nichts Besonderes. Allerdings heißt Mohamad mit Nachnamen Ahansal und ist eine Legende unter den Wüstenläufern. Fünfmal gewann er alleine den Marathon des Sables. Im Februar 2017 folgen wir ihm in seine Heimatregion Zagora nahe der algerischen Grenze zu einem Rennen über 110 Kilometer.
Aber bevor es losgeht, erkunden Hans und ich noch ein bisschen Marrakesch.
Unser erstes Ziel ist die Kutubiya-Moschee. 77 Meter hoch und über 800 Jahre alt ist die Moschee, deren Minarett die Dächer der Medina weit überragt und uns immer mal wieder als Wegweiser zur Standortermittlung dient.
Der Platz der Gehenkten (Djamaa el-Fna) ist unser nächstes Ziel. Hier herrscht ein ordentliches Gewusel. Schlangenbeschwörer, Musikanten und Verkäufer buhlen um unsere Gunst und wir tauchen ein in den Orient. Einmal falsch abgebogen, verirren wir uns prompt etwas in den verwinkelten Gassen der Souks. Hier ist es so eng und die Wände so hoch, dass wohl nie Sonnenlicht den Boden erreicht.
Als wir endlich den Ausgang gefunden haben, bricht ein Regenschauer los und wir retten uns in ein Cafe zu einem Glas Orangensaft.
Den Bahia-Palast entdecken wir leider zu spät, denn er hat bereits geschlossen. So geht es zurück ins Hotel - noch einmal schlafen, dann geht es in die Wüste.
Vor der Abfahrt gibt es erstmal eine herzliche Begrüßung mit den anderen Teilnehmern, insbesondere Pia und Hans-Jörg aus der Schweiz, die sich mit mir das Zelt bereits beim 100km del Sahara 2012 geteilt habe. Wie klein die Welt doch ist!
Gegen 8 Uhr geht es los und der Tag im Kleinbus soll lang werden. Bereits in den ersten Ausläufern des Atlas-Gebirges ist es überraschend grün. Wir kämpfen uns stetig aufwärts und irgendwann setzt plötzlich Schnee ein. Erst wenig, dann mehr.
Die kurze Pause lädt zu ungewöhnlichen Fotos ein, ist aber auch ziemlich kalt. Bis zum Tichka-Pass auf 2260 Metern Höhe wird es dann noch spannend: während einige andere Autos arge Probleme mit den Verhältnissen haben und sogar Räumfahrzeuge von der anderen Passseite kommen, zeigt unser Busfahrer sein ganzes Können und es geht alles glatt.
Die Fahrt durch die Filmstadt Quarzazate nutzen wir für einen kurzen Bummel, ehe es unter Palmen ein leckeres Mittagspicknick gibt.
Zagora erreichen wir am späteren Nachmittag und verlassen hier, 52 Tagesmärsche von Timbuktu entfernt, endgültig die Zivilisation.
Die letzten 30 Minuten zum Camp geht es zu Fuß. Jetzt kann ich die Wüste im letzten Licht mit allen Sinnen erleben. Die Reduktion auf das Wesentliche.
Das Schlafzelt ist viel besser ausgestattet als erwartet: dicke Matrazen, Woll-Decken und gute Kopfkissen. Hier kann man es sehr gut aushalten.
Ich teile mir die Schlafstätte mit Raphael aus der Schweiz, Martin aus Österreich und Hans aus Dortmund.
Es wird eine gute und harmonische Gemeinschaft werden.
Die erste Nacht ist sehr ruhig. Nur manchmal höre ich den Wind leise an der Zeltwand säuseln. Der Sternenhimmel ist toll und die Nacht kühl, wie erwartet.
Am nächsten Morgen werde ich pünktlich zum Sonnenaufgang wach. Nach dem Frühstück geht es dann um das Thema Klimaschutz. Mohamad zeigt uns sein Palmen-Projekt und lässt uns selber auch jeder eine neue Palme einpflanzen. Wer weiß, vielleicht komme ich in einigen Jahren mal wieder vorbei, wenn "meine Palme" groß ist. Es ist übrigens der dritte Setzling in der Reihe.
Vor dem Mittagessen lädt Mohamad dann noch zu einem kleinen Lauf durch die Dünen. Beine lockern und Techniktraining stehen auf dem Programm.
Die meisten machen mit und wir akklimatisieren uns etwas mit dem Sand und treffen auf einige Kamele, ehe es an den Dünen ans Eingemachte geht.
Wir lernen die unterschiedlichen Arten von Dünensand kennen und mit welcher Strategie man sich die Düne zum Freund machen kann.
Wie schön wäre es solche Trainingsbedingungen auch Zuhause zu haben.
Der Nachmittag dient zum Relaxen und zum Packen des Laufrucksacks.
Ersteres ist angenehm und letzteres artet fast schon in Stress aus. Erst jetzt wird mir bewusst, über wieviele Dinge ich mir keine Gedanken gemacht habe. Ganz schön blöd. Ich meine klar, meine Pflichtausrüstung ist komplett, aber z.B. mein Taschenmesser wiegt ziemlich viel. Da hätte ich noch deutlich Gewicht einsparen können. Aber daraus werde ich lernen.
Ein großes Thema ist natürlich auch die Ernährung. 4000 kcal müssen wir mindestens mitführen, da nur Wasser gestellt wird. Insgesamt habe ich dann etwa 5000 dabei, verteilt auf Süsses und Herzhaftes.
Als ich denke, dass ich endlich alles vorbereitet habe, läuft mein Camelbag aus. Mann! Die undichte Stelle lässt sich nicht wirklich identifizieren und so verzichte ich auf den Trinkrucksack und nehme normale Pet-Flaschen. Auch die werden ihren Zweck erfüllen.
Das Briefing steckt dann voller Informationen: ein Checkpoint wird verlegt, die Startzeit auf 7 Uhr festgelegt und die Startnummern werden verteilt. Ich wähle die Nummer 14 - es kann losgehen!