Der Europäische Fernwanderweg E4 ist ca. 10000 Kilometer lang und führt durch die Länder Spanien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Ungarn, Bulgarien und Ungarn.
Das letzte Teil des Weges verläuft auf Kreta und Teile des Stückes will ich mir selber erlaufen.
Bei meiner Lektüre vor Beginn des Reises stoße ich immer wieder auf den Hinweis mit dem Wasserproblem.
Einige Zisternen im Hinterland sollen verschmutzt sein. Hier ist also Vorsicht geboten!
Ich bin gespannt, was mich auf der Insel der Götter erwarten wird.
Die erste 25km lange Wanderung beginnt am Kloster von Chrisoskalitissa. Zunächst geht es 6km auf einer breiten Asphaltstrasse nach Elofanisi, dem schönsten Sandstrand der Insel. Es ist Mittag, 12 Uhr und brüllend heiss. Die Strecke ist etwas langweilig, rechts und links stehe Olivenbäume, in deren Schatten sich Schafe und Ziegen vor der Hitze verstecken. Die 18kg Gepäck im grossen Rucksack machen die Sache natürlich nicht besser und so kämpfe ich mich voran. Ab und zu sehe ich bereits das Mittelmeer. Die Strasse ist hier breit genug, dass die vorbeifahrenden Autos keine Gefahr darstellen. Einen Kilometer bevor ich endlich da bin, hält plötzlich neben mir ein Kleinwagen. Das junge Paar fragt, ob ich zum Strand möchte (wohin auch sonst, es gibt ja nur einen Weg) und nimmt mich mit. Wie sich auf der kurzen Fahrt herausstellt, sind die beiden aus der Ukraine und wollen den Tag mit einem Strandbesuch ausklingen lassen.
So ähnlich mache ich es auch erstmal und geniesse die wirklich tolle Aussicht und ein kühles, erfrischenden Bad im Meer.
Meinen ursprünglichen Plan hier zu zelten verwerfe ich wieder und mache mich gegen 17h auf den Weiterweg.
An dieser Stelle ist der E4 gut ausgeschildert und es geht erst ein bisschen kletternd an der Küste entlang und dann durch kleine Zedernwäldchen. Ein Hinweisschild warnt nochmal davor genug Wasser mitzunehmen, da unterwegs nur eine Wasserquelle kommen wird.
Ich folge den schwarz-gelben Stangen, kreuze ein Aussteigercamp und steige an der Küstenlinie etwas höher. Nach dem Queren eines Geröllhanges kann ich in der Ferne bereits eine Kapelle sehen. Dort soll sich auch die Quelle befinden. Der Boden ist zum Zelten absolut ungeeignet. Es gibt quasi keine Möglichkeiten und mein Wasservorrat ist noch etwa 1 Liter. So entschliesse ich mich bis zur Kapelle weiterzulaufen, vielleicht ist es dort etwas ebener.
Um 20 Uhr bin ich endlich da. Die Kirche ist eingezäunt und drumherum gibt es eine kleine Ziegenherde. Hier lasse ich mein Gepäck und suche die Quelle, die sich aber die Ziegenhirten eingeheimst haben. Ein schwarzer Schlauch führt zum Ziegentrog.
Das lasse ich mir nicht bieten!
Ich überklettere den Zaun und fülle meine Wasservorräte am Trog wieder auf. Hinter der Kapelle gibt es eine kleine Stelle, die zwar mit Disteln bewachsen ist, aber zur Not als Zeltplatz dienen kann. Heringe kann ich hier zwar nicht in den Boden versenken, aber zur Not helfen mir auch grössere Steine zum Fixieren des Zelts.
Ich bin hier völlig alleine und isoliert unterwegs (ausser den Ziegen), aber das stört mich nicht weiter.
Am nächsten Morgen werden die Ziegen früh unruhig. Als ich aus dem Zelt komme, stehen alle schon am Futtertrog und schauen mich erwartungsvoll an. Ich beginne mit dem Abbau und bin gerade dabei mein Zelt zu verstauen, als es plötzlich lauter wird.
Ein Auto nähert sich und gerade als der Jeep über den Berghang kommt, bin ich mit dem Zusammenpacken fertig und stehe wieder auf dem Weg.
Das war knapp und die Ziegenhirte hätte nicht eine Minute eher kommen dürfen. Wobei ich nicht weiss, ob wirklich etwas passiert wäre.
So grüssen wir uns kurz und ich mache mich schnell davon.
Auf dem weiteren Verlauf wird das steinige Kap Krios umwandert und ich muss mich noch einen Hügel im Gelände hinaufkämpfen, dann geht es bei Agia Kiriaki wieder zurück ans Meer und immer auf Schotterpisten und später einer Asphaltstrasse nach Paleochora, wo ich mittags ankomme und mir erstmal eine eiskalte Cola gönne.
Das letzte Teilstücke war wieder etwas langweilig, sehr warm und einige streunende Hunde machten das Wandern auch nicht leicht. Dafür entschädigte der schöne Ausblick auf das Mittelmeer für die Mühen.
Die erste Tour entlang des Sandstrandes hatte ich bereits seine ersten Resultate ergeben: durch den Sand hat sich eine grosse Blase am rechten Zeh gebildet. Ich versuche sie mit einem Pflaster zu verarzten und mache mich mit einem kleinen Tagesrucksack auf Richtung Sougia.
Allerdings will ich nur bis zur antiken Stätte Lissos laufen und dann den gleichen Weg wieder zurück laufen. Das ist der Kompromiss: weniger Gepäck, dafür die doppelte Strecke. Fünf Stunden soll die einfache Strecke daurn, aber ich bin zuversichtlich deutlich schneller zu sein.
Zunächst geht es auf Schotterpisten bis zum Andiri Beach (kleiner Sandstrand). Nun geht es auf einem schmalen, steinigen Fussweg weiter. Manchmal muss man etwas aufpassen, aber der Weg ist immer eindeutig zu sehen. Neben dem Blick auf das rechts liegende Meer, tauchen nun auch schöne Pflanzen auf: Johannisbrotbäume, Mastix-Sträucher, Wacholder, Oleander und zahlreiche Meerzwiebeln.
Vor mir liegt Kap Flomes, ein weit vorspringender Ausläufer der Steilküste. Nun geht der Weg steil bergauf und steigt bis auf 362m an. Die Aussicht ist schön.
Oben geht es über eine Plateau und ich komme mir ein bisschen vor als wäre ich in Ausstralien. Nun ist es fast schon Mittag und entsprechend warm.
Der Weg schlängelt sich nun um eine Felsformation herum und gibt plötzlich den Blick auf Lissos statt, was unten im Tal liegt. (Das Erkunden von Lissos habe ich hier genauer beschrieben.)
Nun kann ich mich an der wasserquelle erfrischen. Gute 3,5 Stunden habe ich benötigt und mache mich wieder auf den Rückweg nach Paleochora.
Auch hier gibt es wieder interessante Ausblicke und ich sehe sehr dunkle Wolken am Himmel. Einige Minuten später beginnt es zu schütten, aber um Glück finde ich eine kleine Kiefern unter die ich mich hocken kann und so halbwegs trocken bleibe. Nach 5 Minuten ist der Regen wieder vorbei und der weitere Weg entlang der Küste kann problemlos begangen werden.
Ich laufe in östlicher Richtung durch das kleine Örtchen Loutro und dann geht es erstmal steil bergan um einen Bergabrutsch zu umgehen. Ansonsten ist das erste Teilstück der heutigen Etappe leicht zu gehen. Wären da nicht der schwere Rucksack und die hoch stehende Sonne, die genau von vorne kommt. Deshalb ist es heiss.
Schliesslich erreiche ich eine kleine Bucht, in der zwei Personen FKK-Baden. Hier muss man ein bisschen auf seine Schuhe aufassen, damit die Wellen einem keine nassen Füsse zufügen.
Nun geht es wieder ein Stück bergauf zur mitten im Nirgendwo stehenden, weissen Kapelle, die natürlich auch verschlossen ist.
Einige Minuten später geht es um die Kurve und plötzlich öffnet sich der Blick auf die wunderschöne Glikanera-Bucht, die umgangssprachlich auch Sweet Water Beach genannt wird.
Hier stehen schon einige Zelte im hinteren Teil der Bucht und ich entscheide mich das Zelt aufzubauen und dann nur mit kleinem Gepäck weiterzugehen, schliesslich ist es erst 11 Uhr morgens. Da kann man noch etwas aus dem Tag machen!
Hinter dem Strand beginnt der alpinste Teil meiner Tour. Einige Male muss man doch sehr aufpassen, gut dass ich nun weniger Gepäck auf dem Rücken habe. Nach 30 Minuten erreiche ich die Strasse nach Chora Sfakion, wo ich um 12 Uhr ankomme, mich etwas stärke und dann weiter Richtung Kommitades gehe. Dieser Weg ist ziemlich öde, gut bergauf ins Hinterland, immer an der grossen Hauptstrasse entlang.
So erreiche ich den unteren Eingang zur Imbros-Schlucht am Nachmittag. (den Besuch der Schlucht habe ich hier beschrieben).
Letztlich muss ich den ganzen Weg zur Sweet Water Beach natürlich wieder zurücklaufen. Unterwegs wird noch kurz fürs Abendessen eingekauft und dann beginnt wieder das Asphaltlaufen. Irgendetwas am rechten Fuss tut mir weh.
Um 18 Uhr ist die Kletterei zurück zum Strand auch unbeschadet überstanden und die knapp 40km lange Tagesetappe ist beendet.
Nun wird es interessant: was ist mit dem Fuss? In der Blase des kleinen Zehs hat sich durch Sand und Reibung eine weitere Blase gebildet. Gut zu wissen, dass so etwas überhaupt möglich ist.
Dann hoffe ich mal nur, dass das irgendwann mal wieder heilen wird.
Falls Du Dich fragst, wie ich da wieder weggekommen bin: am Strand benutze ich am nächsten Tag ein Taxi-Boot und dann die Fähre um nach Paleochora zurückzukehren.