Ich schleppe mich die letzten Meter Richtung Uhuru Peak. Die nun teilweise auftretenden Koordinationsschwierigkeiten kann ich mit den Trekkingstöcken ausgleichen. Mein Atem rast, seit gut drei
Stunden macht sich nun schon die dünner werdende Luft bemerkbar. Bei einem linken Schritt atme ich ein und bei einem rechten aus. Dieses Mantra hilft mir durch die sternenklare Nacht und lenkt
etwas von der Tatsache ab, dass der Sauerstoffgehalt hier nur etwa halb so gross ist wie auf Meereshöhe. Während zur Rechten langsam die Sonne aufgeht und dem gesamten Horizont einen roten
Schleier verleiht, passieren wir den majestätischen Rebmann-Gletscher mit seiner haushohen Eispracht.
Gut 30 Meter vor mir blitzt ein Fotoapparat und lässt erstmalig den Blick auf unserer Ziel fallen: das weltberühmte Holzschild. Uhuru Peak 5895m, der höchste Punkt Afrikas.
Erschöpft und überglücklich liege ich Andreas, Christiane und Hauke in den Armen. Wir haben es tatsächlich geschafft und stehen heute als zweite Gruppe auf dem Gipfel. Ein kurzer Moment für die
verdienten Gipfelfotos ist uns gestattet, dann treibt uns der kalte Wind wieder hinab. Gefühlte -15°C sind es wohl und meine Zehen sind seit gut 2 Stunden taub, die Nase läuft. Seit mein Camelbag
eingefroren ist, habe ich nur noch kalten Tee zu trinken.
Während wir nun wieder flott absteigen, steigt die Sonne höher und die Luft wird wieder dicker. Meine Gedanken lassen die letzten Stunden Revue passieren,
- wie Assistant Guide Reginald so ein Mördertempo anschlagen konnte, dass wir über 80 Leute überholt und keine 5,5 Stunden bis zum Gipfel benötigt haben (normal sind 7-8 Stunden für die 1250
Höhenmeter)
- wie sich Andreas am Stella Point (5740m) übergeben musste
- wie Peter dem hohen Tempo Tribut zollen und auf 5550m mit Schwindel aufgeben musste
- wie ich Reginald auf 5600m klar machte, dass wir nun entweder das Tempo drosseln oder ich als Nächster ausfallen werde
- wie ich zwei Tage vorher einen bösen Sturz mit Abschürfungen glimpflich überstanden habe
- wie das Abenteuer vor gerade mal zwei Wochen begonnen hat und aus fünf Fremden eine eingeschworene Gemeinschaft geworden ist
Fünf Leute sind aufgebrochen die höchsten Berge Afrikas zu besteigen. Wind, Wetter und Komfortverzicht formten aus ihnen ein Super-Team: