Unterwegs in der Wüste Gobi

Die Anreise über Alaxa Youyi

Das Abenteuer Gobi beginnt mit dem Flug nach Lanzhou. Hie empfängt uns bereits unser Guide George, der gute Geist der Tour und unser hilfsbereiter Begleiter bis Dunhuang.

Auch hier im Norden Chinas ist das Wetter angenehm warm. Auf unserem Weg Richtung Alaxa Youyi machen wir noch einen kurzen Mittagsstop in einem Hui-Restaurant. Dort gibt es erstmal einen "eight-treasure tea" für die Gesundheit (den groben Block Zucker kann man frühzeitig rausnehmen, sonst wird das Getränk doch sehr süß). Knapp 10,5 Millionen Menschen der Hui leben in China und Bruno ordert für uns die typischen Hui-Nudeln mit Hammelfleisch. Sehr lecker!

Die Weiterfahrt zieht sich, aber es sind auch immerhin 400km durch den Hexi-Korridor zurückzulegen. Aus dem Bus kann ich viele Ackerflächen in der ockerfarbenen Landschaft erkennen. Bruno nutzt die Zeit um uns die Bedeutung dieses Korridors zu erläutern: abgeschottet durch das Qilian Shan (Gebirge) im Süden und die Wüste Gobi im Norden gab es hier nur einen engen Bereich, durch den man früher reisen konnte. Mit der Errichtung der Mauer schuf man hier ein geschicktes Nadelöhr um den Zug der Seidenstrasse zu kontrollieren und sich vor den Mongolen bestmöglich zu schützen.

 

Am nächsten Morgen wird das Proviant für unsere Tage in der Wüste um frisches Obst und Gemüse erweitert und gegen Mittag geht es in vier Jeep los. Zuerst noch auf der Strasse, dann offline mit weniger Luft in den Reifen. Durch die Dünen wird es dann sehr wild und ich bin dann doch froh als wir am Nachmittag unser erstes Camp endlich erreichen.  Wir richten uns ein, während nach einiger Zeit unser mongolischer Begleiter mit einem Großteil der Kamele aus den Tiefen der Wüste zu kommen scheint.

Ab jetzt wird zu Fuß gegangen und die Wüste mit allen Sinnen erlebt: SAND - WEITE - STILLE.

 

 

 

1.Tag (12,6km)

Am ersten Morgen ist alles noch sehr improvisiert. Jeder macht sich bereit für den ersten Tag und alle Handgriffe müssen sich erst noch einspielen. Ich stelle fest, dass eine Teller gar nicht auf den Trekkingstock passt - das hätte ich auch schon Zuhause herausfinden können. Wir fixieren es mit Tape, was einen halben Tag halten wird. Aber es geht auch ohne Teller problemlos (im ganzen wichen Sand dringt man minimal weiter ein).

Ich folge Bruno, der ein ordentliches Tempo anschlägt. Es geht sofort bergauf und meine Wüstengamaschen erfüllen ihren Dienst wie gewünscht.

Die erste kurze Pause wird genutzt um sich von Bruno das Navigieren in der Wüste genauer erklären zu lassen. Mit GPS-Daten und einem Kompass ist es eigentlich kein Hexenwerk, aber es braucht schon viel Erfahrung um den optimalen Weg durch das Dünenmeer zu finden.

Besonders spannend ist das Spiel: wir laufen jetzt diese Düne noch, mal sehen was danach kommt?

Denn plötzlich sehen wir einen größeren Salzsee mit einer Hütte. Durch das Fernglas sind Kühe (!) auszumachen, die hatte ich hier nun mal gar nicht erwartet.

Auf dem Gegenanstieg hinter dem See machen wir Mittagsrast (Gurke, Nüsse, Banane und Tomate) und sehen die Karawane näher kommen. Und sie kommen schnell näher. Zu Fuß kann man da nicht mithalten.

Nun gilt es nochmal einen längeren Anstieg zu bewältigen, wo ich das Video des Tages drehe und danach geht es langgezogen weiter Richtung Camp.

Heute entscheide ich mich ohne Zelt zu übernachten und nutze die Zeit um die hohe Düne hinter dem Camp ohne Gepäck zu erklimmen. Der obere Aschnitt ist sehr steil, der Ausblick ist toll und gibt einen Einblick auf den kommenden Tag.  Wieder zurück im Camp erzählt mir Bruno von der MountEverest-Düne, die wir in den kommenden Tagen erreichen werden und ob ich diese nicht mal angehen möchte - mal sehen.

Der Abend gilt der Fußpflege, wo sich an einem Fußballen etwas Haut gelöst hat. Es soll meine einzige leichte Blessur bleiben.

 

 

 

2.Tag (8,0km)

In der Nacht kam leichter Wind auf, so dass die Nacht im Freien doch recht ungemütlich war. Viele Sterne haben sich leider auch nicht gezeigt, so dass ich in den kommenden Tagen wieder aufs Zelt umsteige.

Heute wird es eine kurze und heftige Etappe werden. Direkt hinter der ersten Kurve nutzen wir die Zeit für eine ausgiebige Fotosession, indem wir eine unberührte Düne hochlaufe und Bruno eifrig fotografiert.

Es folgen im Laufe des Vormittags einige lange Anstiege, die ordentlich Kraft kosten. Nicht umsonst wird die Wüste Gobi auch der HIMALAYA DES SANDES genannt. Waren wir gestern noch auf 1500 Metern Höhe unterwegs, müssten wir nun weiter an Höhe gewonnen haben. Brunos Tempo ist schon ziemlich beeindruckend, besonders da er ja auch die Spuren legen muss, was zusätzliche Kraft kostet. Da geht es sich in den getretenen Stufen deutlich einfacher.

In der verdienten Mittagspause stellt uns Bruno in Aussicht, dass wir am Nachmittag eine Düne erstbegehen könnten. Das hört sich gut an! Allerdings zeigen sich erste Anzeichen am Himmel, die auf einen Sandsturm hindeuten und wir müssen die ambitionierten Pläne begraben.

Wir brechen also wieder auf um das Haus von Lao Gao zu erreichen. Jetzt ist es richtig warm und in den Dünentälern windstill, was den Schweiß ordentlich fließen lässt. Nach einer Kuppe sehen wir das Haus in einer großen Senke, auf der linken Seite ein Salzsee und einige Pappeln mitten im Nirgendwo. Erstaunlich, wo sich überall Wasser befindet.

Am Brunnen besteht die Möglichkeit sich tatsächlich mal das Gesicht zu waschen, was eine echte Wohltat ist. Lao Gao bietet uns für ein Glas "Tank" in seine Küche und es bleibt genug Zeit um am Nachmittag die nähere Umgebung auf eigene Faust zu erkunden und den Kamelen beim Trinken zuzusehen. Einige kleine Vögel leben in den Pappeln und bestätigen die alte Weisheit: wo Wasser ist, ist Leben.

Der befürchtete Sandsturm ist glücklicherweise ausgeblieben und wir können das Abendessen im Freien geniessen. Plötzlich meint Bruno zu mir, ich hätte mich gar nicht an der MountEverest-Düne versucht. Ähm, bisher wusste ich auch noch gar nicht, dass sie hier sein soll.

Während der Mond langsam aufgeht, fasse ich den Entschluß morgen im Dunkeln die Herausforderung noch vor dem Frühstück anzugehen ...

 

 

 

 

3.Tag (17,1km) - die MountEverest-Düne

Heute wird ein Mega-Tag werden!

Ich habe ziemlich unruhig geschlafen. Zur sehr spuckt mir die MountEverest-Düne im Hinterkopf herum. Es ist deutlich kälter als sonst (unter 0°C) als ich um 6 Uhr aufbreche.

Ich weiß, auf welche Düne ich muss, aber der Weg dahin ist ziemlich unklar. An den Fuß der Monsterdüne zu kommen ist kein Problem, aber sie hat so viele Kämme, dass ich mir im Dunkeln etwas verloren vorkomme.

Die Mütze und Handschuhe tun einen guten Dienst, während ich langsam höher steige. 2-3 muß ich den Kamm noch wechseln um auf die Linie zu kommen, die ich mir vorgenommen habe. Ich habe nur das Nötigste mitgenommen, aber außer Kamera, Trinken und ganz wenig zu essen sollte ich ja auch nichts brauchen.

Ab der Hälfte setzt langsam die Dämmerung ein und ich kann Stirnlampe, Mütze und Handschuhe wegpacken.

Jetzt wird es schwierig! Ich folge einer steilen Flanke, die auf den letzten knapp 50 Metern nur noch loser Sand ist. Heftig! Ich entscheide mich in die offene Dünenwand nach rechts auszuweichen, wo einige Pflanzen wachsen und mir vielleicht etwas Halt geben können. So quere ich mich kontinuierlich langsam weiter höher und muss immer häufiger im steilen Sand pausieren. Um 7.18h kommt die Sonne über den Dünenkamm und taucht die Welt in ein goldenes Licht. Fünf Minuten später ist es geschafft und ich stehe ganz oben im Wind. YES!!!  Über 400 Höhenmeter habe ich im harten Kampf bezwungen. Unter mir erstreckt sich die endlose Sandwüste. Ich bin überglücklich und drehe ein schönes Gipfelvideo.

Gegen 8h bin ich wieder bei den Zelten und zum Glück können wir es heute etwas gemütlicher angehen lassen.

Bei wolkenlosem Himmel geht es zunächst stetig bergauf und es gibt einen tollen Blick zurück auf Lao Gaos Haus. Ich bin erstaunt, wie viele grüne Pflanzen es hier gibt. So etwas habe  ich bisher noch in keiner Wüste gesehen.

Die Mittagspause machen wir am Rande einer großen Senke. Bruno und George laufen schon mal voraus, der Rest kann die letzte Stunde in seinem eigenen Tempo den Fußspuren folgen. Ein Verlaufen ist jetzt nicht mehr möglich. Ganz ehrlich: die Stunde zieht sich. Es ist sehr warm und windstill in der Senke. Das merke ich auch daran, dass ich heute fast alle Wasservorräte aufbrauche. Dann folgt ein letzter Anstieg und unser Zeltplatz ist erreicht. Und das ist ein Super-Zeltplatz. Hohe Dünen in alle Richtungen, soweit das Auge reicht. Sobald ich mich etwas erholt habe, macht mich George auf eine weitere Megadüne aufmerksam (zu sehen auf dem Foto mit dem Kamel im Vordergrund).

OK, diese nehme ich mir am späteren Nachmittag auch noch vor. :-) Hier ist die Wegführung sehr einfach und eindeutig. 90 Minuten hatte ich vorher geschätzt - nach 33 Minuten bin ich oben. Manchmal muss ich selber staunen! Im Gipfelbereich ist es doch recht windig, was an der exponierten Lage liegt. Roland folgt mir und wird den Gipfel ebenfalls erreichen (auf den Fotos gut zu erkennen). Im oberen Bereich der Düne tümmeln sich viele schwärze Käfer (Nebeltrinker), die sich nicht wirklich an mir zu stören scheinen.

Um diesen tollen Tag abzurunden ist heute auch noch Mondfest. Es wird ein Feuer angezündet, gesungen und Mondkuchen verteilt. George weiht uns in die Hintergründe des Fests ein, das bereits seit dem 11.Jahrhundert v. Chr. begangen wird: es geht um den Helden Hou Yi, der neuen Sonnen vom Himmel schoss, seine Frau Chang'e, die ein Unberblichkeitselixier trank und dadurch bis zum Mond aufstieg, wo sie im Mondpalast lebt und dem Jade-Kaninchen, dass durch eine gute Tat ebenfalls in den Mondpalast gekommen ist.

 

 

 

4.Tag (17,7km)

Nach dem gestrigen Highlight-Tag habe ich gut durchgeschlafen und bin bereit zu neuen Taten.

Heute sehen wir die gestrige Monsterdüne nochmal von der Seite, was auch sehr beeindruckend ist.

Es gibt wieder eine Reihe toller Fotomotive, ehe sich ein riesiges Plateau vor uns öffnet. Am Horizont ist unser heutiges Tagesziel zu erkennen, aber zunächst mal geht es dreimal steil bergab. Nun geht es durch weichen Sand und wir umlaufen zahlreiche kleine Büschchen. Bis zur Mittagsrast legen wir noch einige Kilometer zurück und erblicken einen ersten See mit einer unbewohnten Hütte. Hier gibt es eine Fahrpiste, aber glücklicherweise sind keine Jeeps unterwegs.

Danach geht es stetig bergauf und wird anspruchsvoll: Bruno erlaubt mir am langen Grat entlang zu wandern, während der Rest sich unten einen Weg durch das unübersichtliche Gelände sucht.

Der Weg ist lang und kostet Kraft, da ich unterwegs auch nicht trinken kann, aber schließlich genieße ich die Sicht vom Gipfel, während Roland meinen getretenen Stufen folgt (siehe Video). Die Aussicht ist toll und entlohnt für die Mühen.

Danach geht es im weichen Sand weiter, bis wir hinter einer Kuppe etwas ungläubig einen großen See erblicken ("die Fata Morgana-Düne") - hier machen wir eine längere Rast und genieße die Aussicht, ehe uns Bruno erklärt, dass dieser See noch gar nicht unser Tagesziel ist - zu früh gefreut.

Nun geht es nochmal eine gute Stunde Auf und Ab, ehe sich der grandiose Blick auf unseren Tagesendpunkt eröffnet. Der See ist toll, die Moskitos halten sich etwas oberhalb in Grenzen, allerdings ist hier ziemlich viel Trubel, den wir ja so gar nicht mehr gewohnt sind. Das ist dann doch etwas nervig. Zumindest können wir den späteren Nachmittag für viele schöne Fotos am See nutzen. So langsam geht unsere Wüstentour auf die Zielgerade, das legendäre Kloster Bardain Jaran ist nicht mehr weit entfernt.

 

 

 

5.Tag (10,5km) - die Traverse oberhalb vom Kloster Bardain Jaran

Das Frühstück wird mit den Resten gemacht, die wir noch übrig haben. Dann also auf zum letzten Stück!

Es geht unten am See entlang und danach eröffnet sich nochmal eine schöne Dünenlandschaft abseits der Fahrpiste. Da können wir uns nochmal austoben!

Ich laufe mit Bruno weit voraus und er nutzt das Warten um die Drohne startklar zu machen und einige schöne Luftbilder der weiteren Wanderer zu drehen.

Nun hat man die (fast) freie Wahl: man folgt Bruno unten am See entlang zum Kloster oder man folgt mir über den hohen Dünenkamm entlang der beiden See ("da kannst Du Dich nochmal richtig austoben"). Um 15 Uhr muss jeder wieder am Kloster sein, denn dann hat Bruno für uns eine Puja organisiert.

Der Weg durch den unberührten Sand ist anstrengend. Ich komme zwar gut voran, aber es kostet mächtig Kraft  und  führt mir noch einmal vor Augen, wieviel Kraft Bruno bei seinen Solotouren investieren musste.

Nach einiger Zeit erreiche ich den Aussichtspunkt, der mit Jeeps erreichbar ist und wo mich 20 junge Chinesen empfangen und zu meiner Leistung gratulieren ("you are really strong") - 5 Erinnerungsfotos später bin ich dann wieder unterwegs.

Es geht langgezogenen weiter. Gegen 12.30h mache ich eine längere Pause und habe ein kurzzeitiges Motivationsloch. Entweder absteigen oder noch einen gewaltigen Anstieg mitnehmen. Roland schließt nun zu mir auf und wir entscheiden uns natürlich zum Weitergehen. Es wird nochmal heftig und ich lasse Roland auch mal für 30 Meter spuren. Da merke ich nochmal, wie angenehm die Nachhut ist und gehe ich wieder voran. Inzwischen sind wir schon auf der Höhe des zweiten, kleineren Sees und haben fast den halben Kessel umrundet. Die Karawane und einzelne Zelte kann ich unten in Klosternähe gerade noch erkennen.

Gegen 14 Uhr hat der Spaß ein Ende und ich gehe steil bergab Richtung Kloster. Am See ist es sehr warm und ich bin ziemlich ko. Vom Zeltplatz genieße ich den Blick auf die lange Traverse und auf Biluthu, den höchsten Sandberg der Erde.

Das war ein würdiger Abschluss der Wüstentour!!!

 

Die Wüstentour in Zahlen

1.Tag (Montag):        12,6 Kilometer     16.375 Schritte

2.Tag (Dienstag):        8,0 Kilometer     10.710 Schritte

3.Tag (Mittwoch):     17,1 Kilometer     22.822 Schritte

4.Tag (Donnerstag): 17,7 Kilometer     23.578 Schritte

5.Tag (Freitag):         10,5 Kilometer     13.967 Schritte

 

Und hier nochmal graphisch, wo wir unterwegs waren. Die Wüste Gobi ist mit  2,47 Millionen km² Fläche die viertgrößte Wüste der Erde.

Gemessen mit meinem Spot Gen3:

 

 

Puja im Kloster und Abreise

Bruno erklärt uns zunächst nochmal des Details des Klosters, also z.B. die Bedeutung der verschiedenen Statuen oder den Hintergrund zu den Malereien an der Außenmauer.

Die Puja selber verläuft dann etwas anders als ich es aus Büchern kenne oder erwartet habe.

Nichtsdestotrotz ist es ziemlich beeindruckend und ein interessanter Einblick in den Buddhismus.

Ein Tv-Team aus Shanghai ist ebenfalls vor Ort und scheint sich allerdings mehr für die Fremden zu interessieren als für die Zeremonie.

 

Am Nachmittag bleibt noch genug Zeit für schöne Erinnerungsfotos mit den Helfern (Lao Gao, Mr. Chang, dem Mongolen und George) ohne die, diese Tour sicher nicht möglich gewesen wäre.

Alle sind erleichtert und etwas aufgekratzt, dass alles reibungslos geklappt hat!

 

Da unsere Abreise erst für 11 Uhr geplant ist, bleibt am frühen Samstag genug Zeit für Fotos im Sonnenaufgang vom berühmten Kloster und für das Suchen der unterirdischen Süßwasserquelle, die den See speist.

Die Abreise mit den Jeeps ist dann nochmal sehr abenteuerlich und nicht sehr magenverträglich, aber anders ist das abgelegene Kloster gar nicht zu erreichen. Mit dem Erreichen des Besuchszentrum gibt es dann auch wieder befestigte Straßen und das Abenteuer Gobi geht zuende.