Das Jade Garden Hotel ist unsere Basis für Beijing. Eine ausgezeichnete Wahl, denn in diesem Hotel wurde nicht nur im Laufe des letzten Jahrhunderts chinesische Geschichte geschrieben, wie die Tafeln im Eingangsbereich mit Stolz verkünden, sondern es liegt auch super zentral und macht viele Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichbar.
Da mein Zimmer bei der Ankunft noch nicht fertig ist, nutze ich die Zeit für einen ersten kleinen Rundgang mit Bruno. Er scheint hier jeden Stein zu kennen und braucht keinen Stadtplan um sich zu orientieren. Mein erster Eindruck: es ist alles sehr sauber und scheint sehr sicher zu sein. Die Bordsteine sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber auch nicht anders wie ich es z.B. aus Südamerika kenne.
Am Nachmittag geht es dann mit der ganzen Gruppe zum Kohlehügel - die nördliche Verlängerung der Nord-Süd-Achse direkt hinter dem Kaiserpalast. Auf dem Weg dorthin laufen wir an den nördlichen Ausläufern der Verbotenen Stadt entlang und können hinterm Palastgraben die ersten Dächer bestaunen. Genaueres werden wir dann morgen erkunden.
Seit 1749 stehen auf dem Kohlehügel Pavillons , von denen man einen tollen Blick über die Stadt hat. Erstanden ist der Hügel übrigens durch den Aushub des Palastgrabens, der den Kaiserpalast umzieht und dem Bauschutt alter Häuser. Seit 1928 ist es eine öffentliche Anlage und der Eintrittspreis ist mit 2 Yuan sehr erschwinglich.
Wir betreten die Anlage durch das Südtor und nehmen den direkten Weg über einige Treppen zum höchsten Punkt, dem Pavillon des Ewigen Frühlings (Wanchun Ting). Die Aussicht bei klarem Wetter ist grandios, aber natürlich ist es dann auch entsprechend gut besucht. Auf dem Rückweg kommen wir zwangläufig am Turm der Prächtigen Aussicht (Qiwang Lou) vorbei, was sicher die meistfotografierte Stelle der Anlage ist. Natürlich mache ich hier auch Fotos.
Bevor wir uns zum Essen in ein kleines Restaurant begeben, hat Bruno noch ein kleines Schmankerl für uns parat: den Donghuamen Nachtmarkt. Hier gibt es an vielen kleinen Garküchen lokale Spezialitäten und Kuriositäten zu erwerben. Alleine das Schlendern durch die gut besuchte und schön beleuchtete Gasse lohnt sich schon!
Der heutige Morgen gehört der Verbotenen Stadt, dem vermutlich geheimnisvollsten und natürlich mächtigsten Ort, den es früher im Kaiserreich gab. Erst seit 1421 ist in Beijing ("Nördliche Hauptstadt") unter der Herschafft unter Zhu Di der Kaiserpalast und die Stadt hat Nanjing als Hauptstadt abgelöst.
Unser Guide Lydia kennt sich sehr gut aus und bringt uns die riesige Palastanlage näher. Durch das Mittagstor betreten wir den Komplex und nehmen den rechten Eingang, der früher nur von Beamten und hohen Generälen benutzt wurde (merke: Profis nehmen den mittleren Eingang, den nur der Kaiser nehmen durfte oder den linken Eingang der Prinzen).
Nun haben wir einen ersten Eindruck, wie sich die 720.000m² verteilen. Natürlich sind wir nicht alleine unterwegs, aber die verschiedenen Gruppen fallen auf dem großen Areal gar nicht besonders auf.
Durch das Tor der Äußeren Harmonie (Taihe Men) betreten wir den Äußeren Hof der Anlage, umragt wird das Tor von zwei großen Bronzelöwen, das Symbol der kaiserlichen Machtfülle. Lydia gibt uns den guten Hinweis, dass man anhand der Figuren auf dem Dachfirst die jeweilige Wichtigkeit des Gebäudes ablesen kann.
Nun folgen auf einer Terrasse die drei wichtigsten Gebäude der ganzen Anlage: das Erste ist direkt das Wichtigste. Die Halle der Höchsten Harmonie (Taihe Dian) war der Thron des Kaisers. Es ist das einzige Gebäude, was 10 Figuren auf dem Dachfirst hat, die himmlische Zahl.
Vor dem Gebäude stehen Kraniche und Schildkröten, die Glück und Langlebigkeit symbolisieren. Der direkte Blick auf den Kaiserthron ist leider versperrt, aber ich denke meine Fotos von der Seite geben auch einen guten Eindruck. Der große Platz vor dem Gebäude bot Platz für 20.000 Menschen. Unglaublich!
Richtung Norden liegen dahinter noch die beiden Gebäude "Halle der Vollkommenen Harmonie" (Zhonghe Dian) und "Halle zur Bewahrung der Harmonie" (Boahe Dian).
Durch das Tor der Himmlischen Reinheit (Qianqing Men) können wir noch einen Blick auf die Inneren Gemächer werfen. Sehr interessant wie man hier früher lebte.
Am Ende der Anlage, die in klarer Nord-Süd-Ausrichtung errichtet wurde, folgt der Kaiserliche Garten, den man durch das Tor der Irdischen Ruhe (Kunning Men) betritt. Hier dominiert das Grün der Bäume und nicht mehr, die weiten gepflasterten Flächen. Mit dem Durchgang durch das Tor der Göttlichen Stärke (Shenwu Men) geht diese wundervolle Tour zuende und wir stehen wieder vor dem Kohlehügel, wo wir gestern Abend die Aussicht auf die Stadt genossen haben.
Je nachdem, wo man die Stadtgrenzen zieht, schwankt die Einwohnerzahl von Beijing zwischen 12 Millionen und 21,6 Millionen Einwohnern.
2008 sang Katie Melua über "9 million bicycles in beijing". Aber das ist Vergangenheit. Der Wohlstand hat die Leute aufs Auto umsteigen lassen. Das kommt uns zugute, denn die breiten Radwege sind deshalb vermutlich weniger frequentiert als vor einigen Jahren noch.
Bruno hat einen Laden ausfindig gemacht, der Fahrräder verleiht ohne dass man eine chinesische Kreditkarte braucht und die Räder sind auch in einem ordentlichen Zustand.
Um es vorweg zu nehmen: es ist eine lustige Angelegenheit und eine tolle Art die Stadt zu entdecken. Vor allem wenn man einen Führer hat, der den Weg kennt. Allerdings ist der Spagat zwischen den Ausblick genießen und auf die Strasse zu achten schwierig (viele Mofas nutzen ebenfalls den Radweg).
Auf unserer Radtour fahren wir zuerst durch die quirligen Hutongs (Dongbuyaqiao Hutong) und verlieren uns etwas in den engen Gassen. Entlang dem Kanal, der laut Bruno in Nanjing beginnt und in Peking endet, kommen wir zum Feuergott-Tempel (Huode Zhenjun Temple). der schön am Qian Hai gelegen ist. Hier entstand der erste Tempel bereits 632 n.Chr. und Bruno bringt uns den Daoismus näher.
Von dort aus fahren wir am Trommelturm und Glockenturm vorbei, haben aber keine Zeit die Ausstellungen zu besichtigen. Wir wollen weiter Richtung berühmten Lama-Tempel, den ich weiter unten gesondert beschreibe.
Zum Abschluss der Radtour haben wir noch die Gelegenheit den Tian'anmen-Platz mit dem Rad zu umrunden. Den Platz des Himmlischen Friedens beschreibe ich hier detaillierter .
Die schiere Größe der Chang'an Jie erschlägt einen fast und lässt einen ganz klein erscheinen. Mit dem Fahrrad ist das Stehenbleiben verboten, insbesondere vor dem Tor des Himmlischen Friedens. deshalb empfiehlt es sich auf jeden Fall hier nochmal zu Fuß hinzugehen und sich alles genauer in Ruhe anzusehen.
Der Yonghe-Tempel ist die ehemalge Residenz des Prinzen Yinzhen. Der Lama-Tempel ist, genauso wie auch der Kaiserpalast in der Verbotenen Stadt, exakt in der Nord-Süd-Ausrichtung gebaut und man betritt die Anlage durch das Südtor und geht dann Richtung Norden.
1694 errichtet, ist es die am besten restaurierte Tempelanlage in ganz Beijing und einer der größten lamaistischen Tempel außerhalb von Tibet.
Nach dem Eingang folgt zunächst eine langgezogene Gartenanlage, bevor wir die Hallen erreichen. Bruno erklärt uns die acht Lehren des Buddhismus und die vielen Merkmalen, die eine Buddha-Statue haben muss.
Am Eingang der Halle der Himmelskönige (Tianwang Dian) wachen die vier Weltenwächter darüber, dass keine bösen Geister den Tempel oder die Lehre Buddhas stören. Die zentrale Figur dieser Halle ist Maitreya, der Buddha der Zukunft.
In der Haupthalle (Yonghe Gong) treffen wir Maitreya wieder. Er sitzt rechts von Shakyamuni, dem Buddha der Gegenwart, und Kashyapa, einem der sieben Buddhas der Vergangenheit.
In einer weiteren Halle lesen die Mönche in den religiösen Schriften (hier herrscht Fotografier-Verbot).
Nochmal sehr beeindruckend ist die letzte Halle, der Pavillon des Zehntausendfachen Glücks (Wanfu Ge). Hier steht eine gigantische Matreya-Statue, die 26 Meter hoch ist (davon 18 Meter oberirdisch) und aus einem einzigen Sandelholz geschnitzt wurde. Die Plakette vom Guiness-Komitee hängt stolz am Säuleneingang dieser Halle.
Erstaunlich, was Bruno alles über den Buddhismus weiß und welche Feinheiten es an den einzelnen Statuen zu erkennen und zu beachten gilt. Als Novize ist man irgendwann etwas erschlagen von all den Begriffen und Namen. :-) Aber es war definitiv ein sehr lohnender Besuch und ein höchst interessanter Einblick in die Welt des Buddhismus.