Mit der großen Fähre geht es in 35 Minuten sicher übers Wasser und wir werden in Muhu, der drittgrößten Insel des Landes, wieder an Land gelassen. Doch bevor wir unser heutiges Endziel auf der Insel Saremaa erreichen, tun wir noch etwas für unsere Allgemeinbildung und stoppen am Freilichtmuseum im Dorf Koguva.
Gibt es einen besseren Ort um mehr über die estnische Bauernarchitektur zu erfahren?
Seit 1973 befindet sich das Museum Muhu auf dem Bauernhof Tooma, in dem der Schriftsteller Juhan Smuul geboren wurde. Spannende Exponate, wie z.B. sein Antartis-Expeditionsanzug, und viele historische Alltagsgegenstände geben einen authentischen Einblick in das bäuerliche Leben.
Besonders gut gefallen hat mir die alte Dorfschule und die ausgestellten Trachten.
Wer das überlebensgroße Denkmal von Juhan-Smull sucht, findet es nun nahe dem kleinen Hafen (es ist besser auf dem Rückweg Richtung Museum zu erkennen).
Dank einer sehr guten Führung war dieser Besuch sehr lohnenswert!
Unser Fahrer Victoras bringt uns sicher in die einzige Stadt der Insel, Kuressaare. Das Hotel liegt äußerst schön gelegen, direkt an der Bucht Linnulaht mit Blick auf die alles überragende Bischofsburg.
Nicht umsonst gilt sie als eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Burgen im ganzen Baltikum. Wenn man einmal den Zugang über den großen Wassergraben gefunden hat, lässt sich die Burg wunderbar über den breiten Mauerstreifen erkunden. In den Abendstunden erlebte ich hier eine ganz besondere Stimmung.
Am kommenden Tag ist etwas mehr Freizeit, die bei bestem Wetter gut genutzt werden will. Ich schwimme erstmal durch die nahe gelegene Bucht. Das Wasser ist eine angenehme Erfrischung, aber so richtig toll ist es nicht, denn hier gibt es reichlich Seegras, was das Schwimmen etwas erschwert. Das einzige Tier, was ich unterwegs treffe, ist eine weiße Qualle, die sich wohl versehentlich in Ufernähe verirrt hatte.
Am Abend schlendere ich durch den kleinen Hafen und drehe noch eine kleine Runde durch die Stadt. Dabei fällt mir ein besonderer Service auf: wer zuviel Fallobst in seinem Garten hat, stellt es einfach zum Mitnehmen an die Strasse. So verdirbt nichts und alles kann gut verwertet werden.
Heute wird es noch einsamer. Es geht mit dem Boot auf die Nachbarinsel Vilsandi, die unter Naturschutz steht. Von den knapp 250 Vogelarten bekomme ich nicht wirklich viele zu Gesicht, aber das kann auch daran liegen, dass zuviel anderes passiert:
Wir wandern in westlicher Richtung vom Hafen in Richtung Leuchtturm. Zunächst noch auf Wegen, später über Wiesen und erreichen einen Aussichtsturm. Ich habe ja schon so manchen Aussichtsturm gesehen, aber dieser hier ist besonders spannend. Über steile Leitern geht es hoch hinaus, da sollte man schon trittsicher und schwindelfrei sein.
Nun geht es direkt an der Küste weiter. Ob das hier noch der offizielle Wanderweg ist, kann nicht wirklich geklärt werden, denn die Pferde schauen über unser Erscheinen etwas verwirrt drein und auch das Robben unter einem Stromzaun macht ja auch nicht alle Tage. Nun sind es auf jeden Fall nur noch wenige Meter bis zum markanten, weißen Leuchtturm an dessen Fuße wir uns stärken.
Der Rückweg führt dann gerader und schneller immer die Schotterstraße entlang, ehe ich mit Frank ausbreche um die nahe stehenden Mühle anzusehen. Das ist ein kleiner Vorgeschmack auf die legendären, gemeinsamen Stadttouren, die in Riga und Vilnius folgen werden.
Insgesamt war es ein schöner Ausflug bei bestem Sommerwetter!
Eigentlich steht heute nur die Weiterfahrt über Pärnu nach Lettland auf dem Programm, aber wir liegen so gut in der Zeit, dass Zita ein besonderes Highlight möglich macht: den Golden Circle.
Wir besuchen die drei großen Sehenswürdigkeiten der Insel: die Panga Klippe ganz im Norden, den historischen Mühlenberg von Angla und den Kaali-Meteroitenkrater. Ein Traum!
Auch wenn wir nur ein kleines Stück der 2,5km langen Klippe besichtigen können, bekommen wir hier einen schönen Einblick. Da der Klippenrand nicht besonders gesichert ist, empfiehlt es sich etwas Abstand zu halten, denn ein Fall hätte mindestens Knochenbrüche zur Folge.
Am Mühlenberg von Angla taucht man dagegen wieder in die Geschichte ein. Standen einst auf der Insel über 800 Windmühlen, so wurden hier vier Bockwindmühlen und eine größere Holländerwindmühle erhalten. Zwei können sogar begangen werden und um zu spoilern, in der großen Windmühle gibt es erstaunlich viele Etagen. Der Eintritt ist recht gering und wem das immer noch zu viel Geld, der kann die Mühlen sogar gratis von der Strasse aus bestaunen.
Bleibt noch der nahe gelegene Kaali-Meteoritenkrater, der vor knapp 4000 Jahren entstand. Der Hauptkrater hat einen Durchmesser von 110 Metern und eine Tiefe von 16 Metern. Es ist nicht einfach, die Dimensionen in einem Foto wiederzugeben, aber die damalige Wucht des Einschlags muss gewaltig gewesen sein. An der Haupttreppe, die zum kleinen Tümpel herunterführt, kann man schon erkennen, wie sich die Gesteinsschichten beim Aufprall nach oben verschoben haben.
Golden Circle = Goldmedaille. Vielen Dank Zita für die Extra-Tour!
Während gewöhnlich jedes Land eine Hauptstadt hat, hat Estland auch noch eine Hauptstadt für jede Jahreszeit und die Sommerhauptstadt Pärnu ist unser letzter, kurzer Halt in Estland.
Neben der schönen Altstadt (Kuninga) ist es der weite Sandstrand, der Pärnu im Sommer so beliebt macht. Wenig überraschend sind das auch die beiden Dinge, auf die Zita ihr Augenmerk legt.
So durchstreifen wir die kleinen Gassen und landen schließlich, nachdem wir das Rathausgebäude und einen lokalen Kunstshop bestaunt haben, beim markanten Stadttor. Hier fließt auch der gleichnamige Fluß Pärnu entlang.
Der Abstecher zum Strand fällt erwartungsgemäß viel zu kurz aus, passt aber exakt zur Beschreibung im Reiseführer: kilometerlanger feinster Sandstrand.
Und damit ist die Reise durch Estland bereits beendet. Wundervolle Natur und schöne Städte haben wir entdecken dürfen. Ob Lettland und Litauen da mithalten können?